Home > Kulturspezifische Pflege
Kultur ist nicht konstant, sondern dynamisch, und sie verändert sich je nach Lebenslage und Lebensort des Menschen. Insbesondere sind Migranten davon betroffen, weil sie in ihrer Migrationsphase mit mindestens zwei Kulturen tagtäglich konfrontiert sind.
Eine Pflege, die keine Rücksicht auf die kulturelle Orientierung des Pflegebedürftigen nimmt, ist nicht machbar.
Kulturspezifische Pflege ist individuelle Pflege, der Patient muss als Ganzes gesehen und darf nicht nur auf seine Krankheit bezogen behandelt werden.
Es reicht darum auch nicht aus, Pflegekräfte einzusetzen, die die gleiche Sprache sprechen oder aus dem gleichen Land kommen wie der Patient. Ein gemeinsamer kultureller Horizont ist notwendig.
Zum Beispiel: Eine 20-jährige Pflegekraft muss einen 80-jährigen Pflegebedürftigen versorgen. Es gibt also einen deutlichen Generationsunterschied zwischen der Pflegenden und dem Pflegebedürftigen. Die Pflegekraft muss, um ihrer Aufgabe gerecht werden zu können, umfangreiche Biographiearbeit durchführen und den Pflegebedürftigen befragen bezüglich:
Eine kultursensible Pflegeplanung berücksichtigt dabei nicht nur diese biografischen Informationen, sondern integriert sie aktiv in alle pflegerischen Maßnahmen. Die individuellen Werte, Überzeugungen und sozialen Rollen des Pflegebedürftigen werden als zentrale Ressource verstanden.
Aktuelle pflegewissenschaftliche Leitlinien, wie die des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), betonen die Bedeutung kultursensibler Pflege im Sinne personenzentrierter Versorgung. Dies bedeutet: Pflege muss nicht nur fachlich korrekt, sondern auch anschlussfähig an die Lebenswelt des Menschen sein.
Dabei steht im Mittelpunkt, eine wertschätzende Beziehungsgestaltung zu ermöglichen, die Unterschiede anerkennt und Ressourcen fördert. Kultur wird als dynamischer Bestandteil der Identität verstanden, nicht als feststehende Kategorie.
Auch sprachfreie Kommunikationsmittel wie Mimik, Gestik, Rituale oder vertraute Gegenstände können helfen, kulturelle Nähe herzustellen und Vertrauen aufzubauen – besonders bei demenziell veränderten Menschen oder in palliativen Situationen.
Erst wenn die Pflegekraft die oben genannten Punkte mit dem Pflegebedürftigen bespricht und sich die Ergebnisse in der Pflegeplanung widerspiegeln, dann ist eine adäquate Versorgung des Pflegebedürftigen im Sinne der kulturspezifischen Pflege erbracht.
28.07.2025 Nare Yesilyurt