Erfahrung in Kulturspezifische Körperpflege

Körperpflege in anderen Kulturen – Kulturspezifische Körperpflege

Kultur ist nicht konstant, sondern dynamisch, und sie verändert sich je nach Lebenslage und Lebensort des Menschen. Insbesondere sind Migranten davon betroffen, weil sie in ihrer Migrationsphase mit mindestens zwei Kulturen tagtäglich konfrontiert sind.

Die Pflege in einem multikulturellen Deutschland erfordert mehr als fachliches Know-how – sie verlangt Respekt, Empathie und interkulturelles Verständnis, dabei berücksichtigen wir religiöse und kulturelle Werte, die in der täglichen Pflege eine entscheidende Rolle spielen.

Kulturspezifische Körperpflege ist im Pflegedienst sehr wichtig, da die in der deutschen Krankenpflegeschule erlernte Körperpflege nicht einfach auf alle Kulturen übertragbar ist. Viele muslimische Patient:innen empfinden das Waschen mit Hilfe einer Waschschüssel als unhygienisch und unrein. Es ist für sie nicht tragbar, dass man Ober- und Unterkörper mit demselben Wasser wäscht, da man sich so im eigenen Schmutz reinige. Aus diesem Grund lehnen sie das Waschen mit solchen Hilfsmitteln ab und sind auf kulturspezifische Körperpflege angewiesen.

In vielen muslimisch geprägten Familien spielt das Thema Ehre eine zentrale Rolle. Der Mann trägt häufig die Verantwortung für das Ansehen der Familie – insbesondere, wenn es um weibliche Angehörige geht. Deshalb ist es für manche Familien nicht akzeptabel, wenn ein männlicher Pfleger allein eine Wohnung betritt, in der sich eine Frau befindet oder das Männliche Pflegeperson eine Frau Pflegt.

Gleichzeitig ist es uns wichtig zu betonen, dass nicht alle Muslim*innen dieselben religiösen Rituale oder Erwartungen an die Körperpflege haben. Die Lebensweise und Religionsauslegung sind individuell sehr verschieden – je nach Herkunftsland, Bildungsgrad, Alter, persönlicher Glaubenspraxis oder familiärem Hintergrund.

Es gelten dabei folgende Vorgaben:

  • Die Körperpflege sollte ausschließlich unter fließendem Wasser stattfinden.
  • Alle Körperöffnungen sollten mindestens dreimal hintereinander gespült werden.

Ablauf der kulturspezifischen Körperpflege:
Zuerst wird das Gesicht am Waschbecken gewaschen. Die Augen werden dabei von außen nach innen gereinigt. Die Ohren werden mit viel Wasser und mithilfe der Finger gesäubert. In die Nase wird Wasser eingesogen, um sie von innen zu reinigen. Der Mund wird mehrmals gründlich mit Wasser ausgespült. Danach werden die Hände bis zu den Ellenbogen gewaschen, anschließend die Achselhöhlen. Auch die Zehenzwischenräume müssen gründlich mit Wasser gereinigt werden.

Intimpflege wird ebenfalls unter fließendem Wasser durchgeführt. Dabei setzen wir den Patienten bzw. die Patientin auf die Toilette, nehmen eine Handbrause oder Gießkanne und waschen zuerst den vorderen, dann den hinteren Intimbereich. Die Intimpflege wird nach jedem Toilettengang durchgeführt. Toilettenpapier wird in den meisten Fällen nur zum Abtrocknen benutzt.

Die Intimrasur gehört zur regelmäßigen Körperpflege eines Muslims. Sie wird von uns selbstverständlich durchgeführt – jedoch ausschließlich bei Patient:innen, die dies selbst nicht mehr leisten können und Hilfe wünschen.

Auch die Achselhaare müssen regelmäßig entfernt werden. Im Koran gibt es einen Vers, in dem es heißt, dass die Körperbehaarung im Intimbereich – dazu gehören auch die Achselhöhlen – „nicht länger sein darf als ein Gerstenkorn“.

Aus religiösen Gründen dürfen wir einer komatösen Patientin nicht einfach die Haare schneiden – auch nicht aus hygienischen Überlegungen. Im Koran steht, dass alle Menschen auferstehen und vor Gott über ihre guten und schlechten Taten Rechenschaft ablegen müssen. Dabei soll die Brust der Frau durch das eigene Kopfhaar bedeckt sein.

Fingernägel dürfen nicht über die Fingerkuppe hinauswachsen, denn dann gilt der Mensch als nicht rein. Alles, was er mit der Hand berührt, ist „haram“ – also unrein.

Die linke Hand wird als „Kot-Hand“ bezeichnet. Mit ihr wird der Intimbereich nach dem Toilettengang oder vor dem Gebet gereinigt. Das stellt bei rechtsseitigen Appalektiker/innen häufig ein Problem dar: Obwohl die linke Hand körperlich intakt ist, wird es aus religiösen Gründen oft abgelehnt, mit ihr zu essen. Alles, was mit der linken Hand gegessen wird, gilt als „haram“ (unrein).

Bitte verallgemeinern Sie diese Richtlinien nicht in ihrer Strenge auf alle Muslim:innen. Das Beispiel der Körperpflege betrifft jedoch die Mehrheit der muslimischen Gläubigen.

Dipl.-Päd. Nare Yesilyurt

06.März 2004

Überarbeitet 25.Juni.2025

Wichtiges in Kürze

Kultursensible Pflege bedeutet, religiöse und kulturelle Werte zu respektieren, da viele muslimische Patient:innen bestimmte Körperpflegerituale wie Waschen nur unter fließendem Wasser, regelmäßige Intim- und Achselrasur oder die Nutzung der linken Hand ausschließlich für die Reinigung strikt beachten. Da Vorstellungen individuell variieren, ist es wichtig, diese Bedürfnisse ernst zu nehmen, ohne sie zu verallgemeinern, um Vertrauen, Würde und medizinische Standards gleichermaßen zu wahren.

Autor

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Nare Yesilyurt

Ich bin Nare Yesilyurt, Geschäftsführerin von Deta-Med – wir stehen für kulturspezifische Pflege und Integration in Berlin.familienfreundliche Arbeitsmodelle.

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